Es ist ein warmer Sommer im Jahr 2014 und ich befinde mich auf Abi-Fahrt auf Mallorca.
Eines Nachmittags mitten im Bierkönig sprechen mich ein paar Leute an, ob mich was gestochen habe, denn mein rechter Fuß sei so geschwollen. Ein kurzer Blick von mir kann dies nur bestätigen, denn mein rechter Fuß sieht tatsächlich plötzlich sehr geschwollen und dick aus.
Mein erster Impuls: Kühlen. Also ab zum Tresen, den Fuß hoch und ordentlich Eis drauf legen.
Am nächsten Morgen nehme ich meinen Fuß nochmal genauer unter die Lupe, aber kann keinerlei Insektenstiche finden. Ob ich mich vielleicht verletzt habe oder umgeknickt bin? Ich kann mich jedoch an keinen Zwischenfall erinnern.
Ich beschließe das Thema zunächst ruhen zu lassen und in Deutschland einen Arzt aufzusuchen.
Zurück in Deutschland geht der Ärztemarathon los. Diagnose: Primäres Lymphödem Stadium 1. Ich verstehe die Welt nicht mehr. So plötzlich? Ich bin doch erst 18? Man kann es nicht heilen? Was ist, wenn es schlimmer wird?
Fragen über Fragen. Aber eines ist mir klar: Davon lasse ich mich nicht unterkriegen.
Mein Alltag verändert sich von nun an. Schuhe kaufe ich in einer Nummer größer, damit mein rechter Fuß schön Platz hat. Kompressionsstrümpfe und Lymphdrainage stehen jetzt auf der Agenda. Sport und Ernährung anpassen. Hochlagern. Hochlagern. Hochlagern.
Einige Jahre vergehen. Es ist der Sommer 2018 und ich werde während meines MBA Studiums in den USA als Model gescoutet. Nach kurzer Überlegung sage ich zu, um für die Zeit während meines Studiums nebenher als Model zu arbeiten.
Stets im Hinterkopf: Kann das mit meinem Lymphödem jedoch funktionieren?
Es geht auf die New York Fashion Week, sowie nach China auf die China Fashion Show und zu vielen weiteren Aufträgen.
Die meist gestellte Frage der Kunden: „Was ist mit Deinem Fuß? Geht es Dir gut? Hast Du Schmerzen? Meinst Du, dass Du diese Schuhe tragen kannst?“ - „Oh, natürlich habe ich Schmerzen und natürlich würde ich diese Schuhe lieber nicht tragen.“
Im Nachgang habe ich den Kunden die Krankheit erklärt und ihnen erzählt, dass ich mir davon nicht mein Selbstbewusstsein nehmen oder mich unterkriegen lassen würde, denn auch für Lymphödem Erkrankte solle es eine Stimme geben.
Wir haben nun das Jahr 2025. Im vergangenen Jahr bin ich auf den sehr erfahrenen Prof. Dr. Taeger gestoßen und schätze den Austausch über die Möglichkeiten einer OP sehr. Meine Gedanken sind ehrlicherweise jedoch Hin und Her gerissen, denn eine OP ist immer ein
Eingriff. Lohnt es sich? Wird es danach besser? Kann es schlimmer werden?
Zusätzlich bin ich im Lymphzentrum Bogenhausen in München in ganz tollen Händen. Die Behandlung, zusammen mit ein paar eigenen Tricks und Tipps, helfen mir derzeit mein Lymphödem erträglich und in einem guten Zustand zu halten.
Plus: Wir haben Winter, ihr kennt es sicher alle.
Ich bin nun 29 Jahre jung und habe nach 11 Jahren Lymphödem einen Weg für mich gefunden, damit zu leben und es als einen Teil von mir zu sehen. Meine Hoffnung, dass die Forschung zu dem Thema in den nächsten Jahren neue bahnbrechende Erkenntnisse liefert, besteht.
Bis dahin lassen wir uns jedoch nicht unterkriegen, denn wir sind genauso schön, wie wir sind.
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